Geschichte

 

 

Die heute Europäische Autorenvereinigung „Die Kogge“ gehört zu den ältesten Autorenvereinigungen. Sie ist zudem die einzige internationale Autorenvereinigung im deutschsprachigen Raum mit Verkehrssprache Deutsch. Ihre Mitglieder sollen Werke in deutscher Sprache oder in Übersetzung in die deutsche Sprache veröffentlicht haben, auch sollen sie den Diskussionen bei den Tagungen in deutscher Sprache folgen und sich beteiligen können. Der „Europäische Gedanke“ der Literatur über Grenzen hinweg ist dabei heute zum zentralen Motiv der Arbeit der KOGGE geworden.

 

2014 war ihr 90-jähriges Jubiläum, denn sie gründete sich im Jahr 1924 in Bremen als Freundeskreis „niederdeutscher“ Schriftsteller, benannt nach dem gleichnamigen, alten Handelsschiffstyp der Hanse. Dieser Freundeskreis jedoch war von völkisch-nationalkonser-vativen Ansichten durchsetzt. Das war ein Grund, weshalb so manche der Mitglieder - als sich die KOGGE ab 1933 auflöste und im Rahmen der sogenannten „Gleichschaltung“ verboten wurde - in die „Reichsschrifttumskammer“ wechseln und weiter veröffentlichen konnten. Der Zweite war, dass ein in die NSDAP eingetretenes Gründungsmitglied der erste Präsident der genannten „Kammer“ wurde. Während ihrer bundesrepublikanischen Zeit entwickelte sich die KOGGE hingegen zu einer nach Ost und West offenen, toleranten, internationalen Autorenvereinigung, in der als Aufnahmekriterium in erster Linie die literarische Qualität ausschlaggebend ist.

 

Die wichtigsten Stationen dieser Entwicklung:

 

1953: Wiedergründung der KOGGE in Minden in Westfalen mit Hilfe von zwei der damals am wenigsten durch ihr Verhalten während der NS-Diktatur belasteten Mitglieder, Ludwig Bäte und Josef Winckler. In den folgenden Jahren vergibt nun die Stadt Minden jährlich Auszeichnungen: Den Kogge-Literaturpreis der Stadt Minden sowie den Kogge-Ehrenring und einen Förderpreis.

 

1958: Die Anthologie „Das Buch der KOGGE“ erscheint: Die KOGGE wird literarisch in tolerantere und weltoffenere Literaturtraditionen gestellt.

 

1963: Der Vorsitzende Hanns Martin Elster muss wegen umfangreicher Aktivitäten während der NS-Diktatur zurücktreten und seine Vergangenheit als Nationalsozialist bis zum Ende seines Lebens zugeben.

 

1964: Nachdem die KOGGE nun auch Mitglieder aus den westeuropäischen Nachbarländern hinzugewonnen hat, wird sie in „Westeuropäische Autorenvereinigung“ umbenannt.

 

1974: Die KOGGE wird in „Europäische Autorenvereinigung“ umbenannt, Mitglieder aus Osteuropa werden dazugewonnen.

 

1980: „Die Russen kommen!“ Dieser Ausruf der damaligen Vorsitzenden Inge Meidinger-Geise, literarisch eher eine Autorin der „leisen Töne“1, war kein Schreckensruf: Die ersten Gäste auch aus der Sowjetunion erscheinen zur Jahrestagung in Minden – mitten im „kalten Krieg“. Inge Meidinger Geise, im KOGGE-Vorstand von 1967 bis 1988, erneuert die KOGGE nicht nur politisch, sondern auch sprachlich-literarisch. In ihrer Zeit entwickelt sie sich zu einer der angesehensten offiziellen Autorenvereinigungen der Bundesrepublik und hilft, den „eisernen Vorhang“ etwas weniger undurchlässig zu machen.

 

1987: In Minden gründet sich ein Verein, der die Bezeichnung „Freunde der KOGGE“ im Namen führt und heute „Literarischer Verein Minden“ heißt. In den folgenden Jahren erreicht die Unterstützung der KOGGE vor Ort ihren Höhepunkt. Überregional findet der KOGGE-Literaturpreis, der zur „Förderung deutscher und ausländischer Literatur aller Gattungen mit dem Ziele der Völkerverständigung"2 vergeben wird, Erwähnung in entsprechenden Fachpublikationen.

 

2002: Wegen der schlechten Finanzlage der Stadt wird der KOGGE-Literaturpreis nicht mehr ausgezahlt und daher nicht mehr vergeben.

 

2006: Gábor Görgey wird der vorerst letzte Träger des KOGGE-Ehrenrings der Stadt Minden.

 

2010: Die KOGGE macht weiter Literatur: Eine neue Kogge-Anthologie erscheint in Ludwigsburg.

 

2016: Die Jahreshaupttagung wird erstmals auch in der Stadt Stein durchgeführt, welche die Organisation institutionell und finanziell in zunächst zweijährigem Rhythmus unterstützt.

 

2018: Erstmals seit 2002 wird der Förderpreis wieder vergeben, der nun Kogge-Förderpreis der Stadt Stein heißt. Preisträgerin ist Uta Reichardt.

 

2019: Nach Gábor Görgey bekommt die Kogge wieder einen neuen Ehrenringträger: Harald Gröhler wird sowohl für sein bisheriges literarisches Gesamtwerk als auch für sein Engagement geehrt, seit die Kogge 2002 unverschuldet in schwere See geriet.

 

Die heute europäische Autorenvereinigung ist auch in der heutigen Bundesrepublik Deutschland noch immer lebendig und unternimmt viel für die Literatur und damit auch die kulturelle Bildung. Zu den Jahrestagungen im Herbst führt sie viele Lesungen an Schulen durch und organisiert Lesungen in der Öffentlichkeit. Zur ihren Aktivitäten gehört auch die jährliche Nebentagung im Kloster Himmerod in der Eifel. Die Verständigung zwischen Autoren findet weiterhin statt und trägt zu ihrer Beliebtheit unter Künstlern, Schriftstellern und Autoren aus ganz Europa bei.

 

Von Mark Behrens und Uli Rothfuss

 

 

 

1 Käufer, Ernst Hugo. „Inge Meidinger Geise“. Kritisches Lexikon zur deutschsprachigen Gegenwartsliteratur.

 

2 Zitiert nach: Blinn, Hansjürgen. Informationshandbuch Deutsche Literaturwissenschaft. Fischer, 1994.